Wir nehmen heute mal aus moderner Sicht unser Mikrobiom unter die Lupe und werfen einen Blick auf unsere faszinierende Innenwelt.
Im Ayurveda sieht man einen sehr klaren und starken Zusammenhang zwischen unserer Verdauung und Erkrankungen jeglicher Art. Somit war zentraler Dreh- und Angelpunkt seit Jahrtausenden, die Optimierung der Verdauung. Alles steht und fällt mit Agni - dem Verdauungsfeuer 🔥. Auch im Westen hat man erkannt, dass der Darm eine ganz wesentliche Rolle, bei der Entstehung diverser Erkrankungen hat und es rückt zunehmend die Darmflora bzw. besser gesagt das gastrointestinale Mikrobiom in den Fokus. Das Mikrobiom war lange Zeit ein stark vernachlässigtes Feld in der Medizin, das momentan allerdings gewaltig an Fahrt aufnimmt. Und da tun sich Universen auf, die unser Verständnis und unsere Sicht auf unserer Gesundheit und auch die Therapie von Erkrankungen nachhaltig verändern werden.
Achtung! Nach Lesen dieser Zeilen wirst Du Dich nie mehr so ganz alleine und unbeobachtet fühlen 😜.
Hello? Is there anybody in there?
Wer alles wohnt also in dieser fabelhaften Welt? Diese Symbiose von uns mit einer riesengroßen Anzahl an Mitbewohnern (Bakterien, Viren, Pilze, Protisten, Archaeen,…) hat nicht nur unsere Evolution massiv mitgestaltet bzw. erst möglich gemacht, sondern prägt uns und unser Leben in Hier und Jetzt ebenso gewaltig.
Das menschliche Mikrobiom ist ein hochkomplexes Ökosystem, das ganz grundlegenden Einfluss auf unsere Verdauung, unser Immunsystem, unsere neuro-kognitiven Funktionen, unser Kardiovaskuläres-System und unsere Hormone hat. Es ist auch in der Lage essenzielle Vitamine zu produzieren, z.B. B12, Thiamine (B1), Riboflavin (B2), und kurzkettige Fettsäuren und Vitamin K. *
Wir haben eigene Mikrobiome für unseren Darm, die Lunge, den Nasen-Rachen-Mundbereich, unseren Genitalien, der Haut,.... Und diese beeinflussen einander. Unser Verständnis für dieses hochkomplexe Zusammenleben ist zurzeit noch recht marginal, aber die immense Wichtigkeit dieses so wenig beachteten Faktors ist mind-blowing :-)!
Der menschliche Körper hat schätzungsweise doppelt bis 3x so viele nicht-humane Zellen als humane.** Also „zell-technisch“ sind wir min. zur Hälfte nicht menschlich. 👽👽👽
„Gen-technisch“ gesehen, ist die Lage noch um einiges dramatischer…. der Mensch hat ungefähr zwischen 20,000 und 40,000 aktive Gene (zumindest die mir letzte bekannte Zahl, die gefühlt jährlich massiv rauf und runter korrigiert wird). Unsere Mitbewohner haben Summasummarum irgendwas zwischen 2 und 20 Millionen Gene! 👾👾👾
Und diese interagieren fröhlich mit unserer von Mama und Papa geerbten DNA. Da bekommt der Begriff fremdgesteuert eine ganz andere Bedeutung und Dimension 😄. Wow!
Ein großes 2007 ins Leben gerufene Projekt, das Human Microbiom Projekt***, versucht Licht in die Vielfalt zu bringen, indem es die DNA-Sequenzen analysiert. Die Frage ist, ob es so etwas wie ein gemeinsames „Standard-Set“ im Menschen gibt und inwieweit bestimmte Mikrobiome mit diversen Erkrankungen assoziiert sind. Zwischen einzelnen Menschen variiert das Mikrobiom nämlich sehr stark.
Wie können wir unser Mikrobiom nun kultivieren?
Wie und womit wir genau unser Mikrobiom in Bestform bringen, ist aus westlicher Sicht noch ein großes zu erforschendes Feld. Die bisherigen Erkenntnisse sind aber allesamt ganz nah an den uralten Empfehlungen des Ayurveda.
Wir sprechen von Präbiotika und Probiotika, aber letztendlich wissen wir über die einzelnen Bakterienstämme noch recht wenig. Es gibt "gute" und "schlechte" Stämme, aber auch wenn die Guten überhandnehmen, können sie sich zu Bösewichten entwickeln.
Präbiotika sind unverdauliche Bestandteile - meist aus Kohlenhydraten - von Lebensmittel, die Aktivität einer oder mehrerer Bakterienstämme anregen, wie z. B. Inulin. Dieses findet sich unter anderem in Pastinaken, Chicorée, Artischocken, Topinambur, Schwarzwurzeln oder Löwenzahnwurzeln.
Auch Polyphenole erhöhen die Zahl gesundheitsförderlicher Bakterien. Du findest sie im Grünen Tee und Kaffee, im Kakao und somit in dunkler Schoki, in Blaubeeren, Traubensaft und Ta-Daaa im Rotwein. (na wenn das mal keine angenehmen Empfehlungen sind 🥳). 🍇🥗🥕🍎☕️🍷🍫🌶
Probiotika hingegen sind spezielle lebende Mikroorganismen, die es schaffen, den Verdauungsprozess im Magen und Dünndarm zu überleben und so ihre Wirkung im Dickdarm entfalten. Durch ihre Säureproduktion (z.B. Milchsäure) verändern sie den pH-Wert, hemmen das Wachstum bestimmter Bakterienstämme und wirken positiv auf die Durchlässigkeit der Darmwände, indem sie das Immunsystem stärken. Eine natürliche Methode, Probiotika zu sich zu nehmen, sind fermentierte Nahrungsmittel wie Sauerkraut, Miso, Kimchi, Kefir oder milchsauer eingelegtes Gemüse.
Ingwer, Kurkuma, Cayenne-Peffer, Oregano und Zimt sind Gewürze, die nachweislich einen positiven Einfluss auf verschiedene Bakterienstämme haben.
Ich nehme an, es ist klar, dass es natürlich bei bestimmten Lebensmittel auch immer eine Sache der Menge ist, jeden 2. Tag eine Rotwein-Party zu veranstalten, wird auch nicht die Lösung sein. Im Ayurveda würden wir den Blick auch noch auf die individuellen Bedürfnisse richten. Jemand mit viel Pitta sollte sparsam mit fermentierten Produkten umgehen. Bei Vata-Überschuss wären mehrere Tassen Kaffee oder Grüner Tee keine so gute Idee oder wenn Dein Kapha Dich dazu verleitet, gleich 2 Tafeln dunkler Schokolade zu essen, dann wird es schwierig, mit den guten Polyphenolen zu argumentieren 😆.
Was wir aber auch wissen ist, dass eine möglichst hohe Vielfalt der Ernährung die besten Voraussetzungen für ein gesundes Mikrobiom liefern. Je mehr Vielfalt, umso besser, eine Daumenregel besagt, dass es an die 30!!! verschiedene Gemüse, Kräuter und Gewürze sein dürfen. Zähl mal durch, was bei Dir so an Buntheit am Teller landet. Also, sei neugierig und greif beim nächsten Einkauf mal nach einem Gemüse, das normalerweise bei Dir nicht im Korb landet.
Natürlich fixieren wir uns bei "Darmgeschichten" naturgemäß erstmal auf unsere Nahrung, aber nicht nur diese spielt eine bedeutende Rolle! Bewegung, Atmung und vor allem Stressmanagement sind weitere Faktoren, die mit unseren Mitbewohnern interagieren. Auch ob wir per Kaiserschnitt oder vaginal geboren wurden und ob und wie lange wir gestillt wurden, hatte bereits Einfluss auf unser Mikrobiom.
Und all das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einem weiten und spannenden Feld, das mit Sicherheit den Blick auf unsere körperliche und mentale Gesundheit und auch die Medizin an sich verändern wird. Und ich sag jetzt nicht (schon wieder), Ayurveda hat's schon seit Jahrtausenden gewusst 🤓....
Lieben Gruß an Dich und Deine Mikro-WG!
Alles Liebe, Ulli
PS: Du willst Deine Verdauung auf den Prüfstand stellen? Im kostenfreien Paket Firestarter findest Du ein Quiz rund um Dein Agni aka Verdauungsfeuer.
QUELLEN *Martin AM, Sun EW, Rogers GB, Keating DJ. The Influence of the Gut Microbiome on Host Metabolism Through the Regulation of Gut Hormone Release. Frontiers in Physiology. 2019; 10:428. **Sender R, Fuchs S, Milo R (January 2016). "Are We Really Vastly Outnumbered? Revisiting the Ratio of Bacterial to Host Cells in Humans". Cell. 164 (3): 337–40. *** https://en.wikipedia.org/wiki/Human_Microbiome_Project
Comments