Morgenlicht statt Nachtschatten: Über den Mythos der 'geborenen Nachteule' und die Rückkehr zum natürlichen Biorhythmus
- Ulrike Ofner

- vor 1 Tag
- 14 Min. Lesezeit
"Geht es Dir auch, wie mir? Ich bin eine "Eule", nachts kann ich am besten arbeiten, nachts habe ich meine kreativen Einfälle, nachts kann ich mich am besten konzentrieren,..." So mein O-Ton über viele Jahrzehnte.
Truthbomb: Nachts gehöre ich in Wahrheit schlafend ins Bett, basta!
Du liest in diesem Blogartikel, was moderne Forschung und alte ayurvedische Weisheit zu diesem Thema zu sagen haben und warum es gerade Frauen, in unserer Lebensmitte besonders am Herzen liegen sollte.

In den letzten Beiträgen haben wir darüber gesprochen, welche Problematiken entstehen, wenn wir uns zu lange gegen den natürlichen Rhythmus sträuben und was erste Schritte sind, um sich neu einzuschwingen. Heute wollen wir über Chronotypen sprechen, über unsere Gene, Epigenetik und der Einfluss unserer Lebensgewohnheiten auf vermeintlich Unveränderbares.
Ein sehr beliebtes Diskussionsthema mit meinen Teilnehmerinnen und Klientinnen ist die Schlafenszeit. Soviel Widerstand schlägt mir bei kaum einem anderen Thema entgegen (und verlangt von mir sehr viel liebevolle Beharrlichkeit 👩🏫) gerade weil es einer der ersten Hebel ist, an dem wir ansetzen, wenn wir unseren natürlichen Rhythmen wieder folgen wollen, wenn wir Stress minimieren, besser schlafen und heilen wollen.
Es erscheint unfair, dass die Kollegin ein Foto von ihrem Morgenlauf noch vor der Arbeit postet, während Du vom Wecker wachgebeutelt zwischen Küche und Bad herumirrst, Augen noch auf halbmast. Wenn jemand das Wort Morgenroutine sagt, spürst Du, wie sich Deine Fäuste ballen und wenn wer glaubt, er müsste auch noch eine Meditation in die wenigen kostbaren ersten Minuten des Tages quetschen, dann rollen Deine Augen im Dreivierteltakt. Und ja, ich unterstelle Dir da was - vielleicht bist Du ja die Kollegin auf der morgendlichen Laufstrecke (Go Girl!!) - bei den meisten meiner Klientinnen und auch bei mir war jedoch das genau die Ausgangssituation. Bis ich mich dann vor vielen vielen Lenzen von Ayurveda wachküssen hab lassen - und zwar frühmorgens. Ich geb zu, es hat einiges an Facts & Figures gebraucht, um mich zunächst mal im Kopf von den Vorteilen zu überzeugen. Ehrlich gesagt, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie und wann ich meinen Rhythmus dann tatsächlich umgestellt habe, ist schon eine Zeitlang her. Ich kann nur sagen, dass ich schon eine ganze Weile knietief Ayurveda praktizierte, bevor ich mich dazu durchringen konnte (und ich wünschte im Nachhinein, es wäre einer meiner ersten Schritte gewesen 🤷♀️).
Woran ich mich allerdings sehr gut erinnere, war der Umstand, dass ich - quasi über Nacht, hehe - ein fettes Energieplus auf meinem Konto hatte, mit dem ich so nicht gerechnet hätte. Davor dachte ich, es muss Veranlagung sein, dass ich morgens nicht aus den Federn kam und bis in die späten Nachstunden putzmunter in meine Tastatur geklopft habe. Ich bin halt keine Lerche, sondern ein Kind der Nacht. Diese Überzeugung war nicht nur tief in meinem Bewusstsein verankert, sondern hängt auch in unserem kollektiven recht fest und ist - scheinbar - auch noch durch wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert. In meinen 20ern hab ich um 23:00 fürs Studium gearbeitet, um 1:30 mit Antonio Carluccio Pasta in der Emilia Romana gekocht und um 2:00 mit Monty Python über den Sinn des Lebens sinniert. Heute ist das meine süßeste Tiefschlafzeit und wenn ich richtig früh ins Bett komme, hab ich selbst diese schon hinter mir.
Mal zum Nachdenken: Wie hätten unsere Vorfahren ohne elektrisches Licht überleben können, wenn sie genetisch programmierte Nachteulen gewesen wären? Die Evolutionsbiologie gibt uns hier einen wichtigen Hinweis: Der Mensch ist von Natur aus ein tagaktives Wesen, dessen innere Uhr sich am Sonnenlicht orientiert.
So, das war eine lange Einleitung. Lass uns nun loslegen, hier kommt das...
Inhaltsverzeichnis
🦉 Eule oder Lerche: Was sagt die Forschung über unseren Chronotyp?
🌿 Was sagt Ayurveda zur Chronobiologie? Gibt es unterschiedliche Schlaftypen?
🦋 Re-Evolution: Schritt für Schritt zurück in Deine natürlichen Bahnen
3. Ein frühes und leichtes Abendessen
5. Die Kraft der Gleichmäßigkeit
6. Stress bringt Dich um Dein Taktgefühl
Eule oder Lerche: Was sagt die Forschung über unseren Chronotyp?
In einer Studie wurde das Schlafverhalten von drei vorindustriellen Gesellschaften in verschiedenen Klimazonen untersucht. Man wollte wissen, ob Menschen vor der Elektrifizierung deutlich länger schliefen. Die Forschenden fanden heraus, dass auch ohne künstliches Licht die durchschnittliche Schlafdauer bei etwa 6,5 bis 7,5 Stunden lag und der Schlaf-Wach-Rhythmus stark von der Umgebungstemperatur und dem natürlichen Lichtzyklus beeinflusst wurde. Was sich dabei auch zeigte; die Menschen gingen nicht unmittelbar nach Sonnenuntergang schlafen, sondern erst 2-3 Stunden danach. Sie wachten typischerweise kurz vor oder mit Sonnenaufgang auf, wobei der Aufwachzeitpunkt sogar noch stärker mit dem Temperaturanstieg am Morgen als mit dem ersten Tageslicht korrelierte. [1] In unseren modernen Schlafzimmern halten wir Licht und Temperatur meist konstant und nutzen somit diese natürlichen Taktgeber schon mal gar nicht. Doch aus das sind Mittelwerte über Gruppen, wie sieht es individuell aus? Gibt es individuelle Faktoren, die uns zu einem frühen Vogel machen? Die Forschung hat tatsächlich genetische Marker identifiziert, die mit unseren Schlafpräferenzen in Verbindung stehen – insbesondere Variationen in den sogenannten PER3- und CLOCK-Genen. Diese Gene beeinflussen unsere circadianen Rhythmen, also die innere Uhr, die bestimmt, wann wir müde werden und wann wir wach und energievoll sind. [2]
Doch wenn wir dies heranziehen, um z.B. unser spätes Zubettgehen zu rechtfertigen, liegt ein fundamentales Missverständnis vor - wir verwechseln Einfluss mit Determinismus.
Unsere Gene bieten lediglich Prädispositionen, keine unüberwindbaren Festlegungen. Die aufstrebende Wissenschaft der Epigenetik offenbart, dass die Expression unserer Gene durch Umweltfaktoren, Ernährung, Bewegung und Lebensstil dramatisch beeinflusst wird.
Die Forschung deutet darauf hin, dass unser "angeborener" Chronotyp durch moderne Lebensumstände massiv verzerrt wird. Künstliches Licht, digitale Geräte und soziale Faktoren haben unseren kollektiven Schlafrhythmus um Stunden nach hinten verschoben. [3, 4] Mal davon abgesehen gibt es auch Verschiebungen über die Lebensspanne hinweg, von einer eulenhaften Pubertät bis hin zu einer Tendenz früher aufzustehen, ab ca. der Lebensmitte. Weiters muss man auch dazusagen, dass es ja keine Zweiteilung, sondern dass die meisten von uns weder Eule noch Lerche sind, sprich die zwei Vögleins markieren nur die die Randbereiche der Verteilung. Der Rest (ca. 2/3) wird als Indifferenztyp bezeichnet.
Ich hatte das Vergnügen in meiner Studienzeit Seminare beim österreichische Mediziner und Chronobiologe Dr. Max Moser besuchen zu dürfen. Er beschreibt in seinem Buch "Vom richtigen Umgang mit der Zeit: Die heilende Kraft der Chronobiologie" jene Faktoren, die unsere innere Uhr am stärksten beeinflussen. An erster Stelle steht dabei das Licht, besonders das Morgenlicht, gefolgt von körperlicher Aktivität, Nahrungsaufnahme und sozialer Interaktion. Diese Erkenntnis unterstreicht, wie sehr unsere modernen Lebensgewohnheiten unsere natürlichen Rhythmen stören können. [5] Außerdem gibt es eine natürliche Tendenz in naturnahen Umgebungen - frei von digitalen Störfaktoren - früher müdezuwerden und früher aufzuwachen – ein klares Zeichen für unsere tiefere biologische Programmierung.
Studien an der University of Colorado haben gezeigt, dass selbst überzeugte Nachtmenschen ihren Schlafrhythmus innerhalb einer Woche drastisch verschieben können, wenn sie natürlichen Lichtzyklen ausgesetzt werden. Forscher brachten Teilnehmer zum Camping, ohne künstliches Licht, und beobachteten, wie sich ihre inneren Uhren rasch an den Sonnenauf- und -untergang anpassten – unabhängig davon, ob sie sich zuvor als Eulen oder Lerchen identifizierten. [6] Spätere Studien zeigten sogar, dass bereits ein Wochenende Camping ausreichte, um die circadianen Rhythmen zu verschieben, mit dem Melatonin-Anstieg, der sich um 1,4 Stunden nach vorne verschob. [7]
Warum hält sich der Mythos der "genetischen Nachteule" dennoch so hartnäckig? Zum einen leben wir in einer Kultur, die genetische Erklärungen liebt, weil sie uns vermeintlich auch ein wenig aus der Verantwortung nehmen. Zum anderen macht es unser modernes Leben mit künstlichem Licht und digitalen Verlockungen tatsächlich schwerer, unseren natürlichen Rhythmus erst überbhaupt mal wieder zu spüren, geschweige ihm zu folgen.
Und sind wir ehrlich...: Veränderung ist anfangs meist mal blöd und unbequem. Der Übergang von späten zu früheren Schlafenszeiten erfordert eine Phase der Anpassung, ein wenig Geduld. Und wenn es dann nicht sofort klappt, greift gleich wieder der Glaubenssatz: "Siehst du, ich bin eben eine Nachteule."
Dabei verbauen wir uns die Möglichkeit, einen Rhythmus zu entdecken, der in tieferem Einklang mit den natürlichen Zyklen steht und mit besserer Gesundheit, mentaler Klarheit und emotionaler Ausgewogenheit verbunden ist.
In der Chronobiologie gibt es auch den Begriff der "circadianen Amplitude" – sie beschreibt wie stark wir mit der Natur mitschwingen. Sie beschreibt die Stärke der täglichen Schwankung eines biologischen Prozesses im 24-Stunden-Rhythmus. Und sie gibt an, wie groß der Unterschied zwischen dem Minimum und Maximum eines Wertes im Tagesverlauf ist – zum Beispiel bei der Körpertemperatur, die morgens am niedrigsten und am späten Nachmittag am höchsten ist. Je deutlicher dieser Unterschied, desto stabiler ist unsere innere Uhr und desto besser unsere Gesundheit. Dies harmoniert wunderbar mit dem ayurvedischen Prinzip von Dinacharya (aus dem Sanskrit: dina = Tag, acharya = Praxis oder Routine) bezeichnet im Ayurveda die tägliche Lebens- und Gesundheitsroutine, die im Einklang mit dem natürlichen Tagesrhythmus steht.
Und was sagt Ayurveda zur Chronobiologie? Gibt es unterschiedliche Schlaftypen?
Im ayurvedischen Verständnis gibt es keine "Nachteulen" oder "Lerchen" als feste Identitäten. Stattdessen gibt es individuelle Konstitutionen (Doshas) und universelle Rhythmen, die miteinander in einem dynamischen Tanz stehen.
Der ayurvedische Tagesrhythmus beschreibt, wie bestimmte Qualitäten zu verschiedenen Tageszeiten dominieren. Der Morgen zwischen etwa 6 und 10 Uhr ist geprägt von den Kapha-Qualitäten: Stabilität, Schwere, Ruhe. Wenn wir während dieser Zeit noch schlafen, versäumen wir die natürliche Gelegenheit, mit einer gewissen Leichtigkeit (noch in der Vata-Phase) aus dem Bett zu kommen. Die Doshas bewegen sich mit dem Sonnenstand und nicht mit den tatsächlichen Uhrzeiten, diese sind also nur Näherungswerte. Darüber hinaus fließen die Phasen auch ineinander über, es gibt hier also keine harten Übergänge.
Passend dazu zeigen Studien, dass die Ausschüttung von Cortisol – unserem natürlichen "Aufwach-Hormon" – idealerweise mit dem Sonnenaufgang zusammenfällt. Menschen, die gegen diesen natürlichen Rhythmus leben, zeigen häufiger Störungen in ihrem Hormonsystem, ihrem Stoffwechsel und ihrer mentalen Gesundheit.
Wichtiger Punkt dabei: Dieser Zusammenhang gilt unabhängig davon, ob jemand sich subjektiv als "Morgenmensch" oder "Abendmensch" fühlt. Die biochemischen Prozesse folgen dem Sonnenrhythmus, selbst wenn unsere Gewohnheiten in eine andere Richtung gehen.
Dies bedeutet nicht, dass individuelle Unterschiede gar nicht existieren. Natürlich gibt es Variationen – im Ayurveda spiegeln sich diese in den verschiedenen Dosha-Typen wider. Es werden drei grundlegende Bioenergien unterschieden: Vata (Luft und Raum), Pitta (Feuer und Wasser) und Kapha (Erde und Wasser). Vata regiert Bewegung und das Nervensystem, Pitta steuert Stoffwechsel und Transformation, während Kapha für Struktur und Stabilität zuständig ist. Diese Doshas manifestieren sich in unterschiedlichen Schlaf- und Wachmustern.
🎈Menschen mit ausgeprägtem Vata-Einfluss gelten traditionell als leichte Schläfer*innen mit aktivem Geist – sie wachen oft früh und manchmal mehrmals in der Nacht auf, haben jedoch weniger Schlafbedarf. 🔥 Pitta-dominierte Personen zeigen typischerweise einen mittleren, aber intensiven Schlafrhythmus mit klaren Aufwach- und Einschlafzeiten. 💧 Menschen mit viel Kapha hingegen schlafen wie ein Bär, sie sind die Tiefschläfer*innen – sie benötigen mehr Schlaf, schlafen fester und brauchen morgens deutlich mehr Zeit, um vollständig zu erwachen.
Diese konstitutionellen Unterschiede bestimmen lediglich, wo wir am ehesten dazu neigen, den universellen Rhythmus zu verlassen. Es zeigt uns, wo wir besonders drauf achten müssen. Sie zeigen uns sozusagen unsere Achillesfersen.
Was ich in meiner Arbeit immer wieder beobachte: Wenn Menschen beginnen, mit dem natürlichen Sonnenrhythmus zu leben, erleben sie eine profunde Veränderung in ihrem Energiehaushalt, ihres Wohlbefindens und ihrer mentalen Klarheit.
Re-Evolution: Schritt für Schritt zurück in Deine natürlichen Bahnen
Die Kunst, den eigenen Biorhythmus zu verschieben, liegt nicht im zähnezusammenbeissenden Willensakt. Sie liegt im Verstehen der Mechanismen, die unseren Schlaf-Wach-Rhythmus steuern, und in einer klugen, schrittweisen Neuausrichtung unserer Gewohnheiten. Am besten auch noch in einer ganz bestimmten Reihenfolge. Ich nenne es gerne das große Zurücklehnen in unsere Natur. Denn genauso fühlt es sich für mich an.
In meinem Online-Angebot Feuer&Nektar ist diese Umstellung der Schlafgewohnheiten ein Teil der "Wiederauswilderns" unserer Gewohnheiten.
Hier sind ein paar anregende Punkte für Deine Biorhythmus-Transformation, basierend auf ayurvedischer Weisheit und moderner Chronobiologie:
1. Es werde Licht
Licht ist der mächtigste Zeitgeber für unsere innere Uhr. Unsere Vorfahren verbrachten ihren Tag im Freien und waren natürlichem Tageslicht ausgesetzt – etwas, das den meisten von uns heute - schmerzlich - fehlt. Warum ist unser moderner Lebensstil so weit von unserem natürlichen Rhythmus entfernt? Vor der Erfindung der elektrischen Beleuchtung vor etwa 140 Jahren waren unsere Aktivitätszeiten stark an den natürlichen Licht-Dunkel-Zyklus gebunden.
Ein weiterer großer Shift unseres Schlafverhaltens begann jedoch mit der digitalen Revolution. Die ständige Verfügbarkeit von künstlichem Licht, insbesondere das blaue Licht unserer Bildschirme, unterdrückt die Produktion von Melatonin, unserem Schlafhormon. Gleichzeitig schafft die 24/7-Unterhaltungskultur ständige Anreize, wach zu bleiben.
Die Reduktion von blauem Licht am Abend ist also unumgänglich, um wieder in die Spur zu kommen. Die Verwendung von Blaulichtfiltern auf digitalen Geräten, gedimmtem Licht und Rotlichtquellen nach Sonnenuntergang helfen Melatonin auszuschütten; das bedeutet weniger Einschlafprobleme, mehr Tiefschlaf, weniger oft Aufwachen in der Nacht. [8]
Aus ayurvedischer Perspektive stören wir durch diese künstliche Verschiebung die natürliche Abfolge der Doshas im Tagesverlauf. Der späte Abend und die frühe Nacht sind Kapha-Zeiten – Phasen, in denen unser Körper zur Ruhe kommen möchte. Wenn wir diese Zeit mit stimulierenden Aktivitäten füllen, erzeugen wir ein Defizit, das wir den gesamten nächsten Tag tief in den Knochen spüren werden (besonders, wenn Du Deine 20er und 30er schon hinter dir hast). Langfristig treibt uns das unweigerlich in den Erschöpfungsmodus.
Und wenn es in Deinem Schlafzimmer stockdunkel ist - WUNDERBAR. Keine Lichtverschmutzung von Straßenlaternen und Co., keine Standby-Lichter von Elektrogeräten, kein Wecker mit beleuchteter Uhrzeit etc.; das sind beste Bedingungen für einen gesunden Schlaf.
Das Dilemma dabei: Wenn wir die Lichtverschmutzung mit dichten Rollos aussperren - was unser Körper liebt und was ihn richtig tief schlafen lässt - verpassen wir den langsamen Helligkeitsanstieg am Morgen, der uns idealerweise schon vor dem Wecker munter macht (Hab ich eigentlich schon gesagt, wie schön ein Leben ohne den Adrenalinstoß vom Weckergeräusch ist?). Doch auch dafür gibt es Tipps und Tricks, die den Rahmen hier nun etwas sprengen würden.
2. You're hot and you're cold.... und nein, das ist nicht das Menopausen-Lied
Das können zwar auch einige von uns laut mitsingen, doch was ich meine, ist der natürliche Temperaturabfall als Signal für Schlafbereitschaft. Forscher*innen haben gezeigt, dass ein warmes Bad oder eine warme Dusche 1-2 Stunden vor dem Schlafengehen die Einschlafzeit verkürzen und die Schlafqualität verbessern kann. [9]
Aus ayurvedischer Sicht harmoniert dies perfekt mit dem Konzept einer abendlichen Routine. Eine kleine Fußmassage mit warmen Ölen, ein heißer Tee. All das erwärmt den Körper und danach setzt eine natürliche Abkühlung ein. Diese signalisiert dem Körper auf subtile Weise den Übergang zur Ruhezeit.
Fürs Schlafgemach empfiehlt sich dann eine niedrige Raumtemperatur, so um die 18 Grad. Wenn Du Deine Heizung programmieren kannst, dann darf sie morgens um ein paar Grad hochregulieren, das unterstützt das Aufwachprogramm in uns.
Und ja, Du hast recht, in der Natur draußen hätte es auch nicht immer 18 Grad zur Schlafenszeit. Doch um uns auf den Schlafens-Rhythmus mal grundlegend einzuschwingen, ist es optimal. Wenn alles wieder in Bahnen läuft, dann tun wir uns in einer heißen Sommernacht ohne Klimaanlage auch wieder leichter beim Einschlafen.
3. Ein frühes und leichtes Abendessen macht den Unterschied
Unser Verdauungssystem hat seine eigene innere Uhr, die eng mit unserem Schlaf-Wach-Rhythmus verbunden ist. Die Forschung zu intermittierendem Fasten zeigt, dass eine frühere letzte Mahlzeit (idealerweise 3-4 Stunden vor dem Schlafengehen) nicht nur die Schlafqualität verbessert, sondern auch unseren circadianen Rhythmus stabilisieren kann. [10]
Dies spiegelt die ayurvedische Empfehlung wider, die Hauptmahlzeit mittags einzunehmen und abends leicht zu essen. Ein echter Gamechanger, der mir von so vielen Klientinnen als DER goldene Schlüssel zu einer erholsamen Nacht bestätigt wurde.
4. Nix übers Knie brechen
So sehr ich radikale Veränderung liebe, wenn es ums Einschlafen geht, reagiert unser Körper - das Gewohnheitstier - sensibel. Geh es langsam an, verschieb die Zeit in 15 Minuten Schritten nach vorne, und das vielleicht auch mal für eine Woche beibehalten, bevor Du die nächste Viertelstunde in Angriff nimmst.
So einfach. So wirkungsvoll.
5. Die Kraft der Gleichmäßigkeit
Der vielleicht wichtigste Faktor: Regelmäßigkeit. Studien zeigen, dass ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus – auch am Wochenende – einen stärkeren positiven Einfluss auf unsere Gesundheit hat als die absolute Schlafdauer.
Dies entspricht dem ayurvedischen Prinzip von Dinacharya – der täglichen Routine, die Stabilität in unser Leben bringt. Der Körper und insbesondere das Vata Dosha lieben Vorhersehbarkeit. Wenn Vata durch Unregelmäßigkeit aus dem Tritt gebracht wird, bringt das Stress und Erschöpfung mit sich und abbauende Prozesse setzen ein. Umgekehrt bringt uns ein harmonisches Vata eine gewisse Leichtigkeit, etwas Spielerisches, das Gefühl, dass das Leben nicht nur ein tagtäglicher Kampf sein muss, sondern eine Art Tanz. Durch gute (Zeit-)Strukturen schaffen wir den Raum für diese Qualität.
6. Stress bringt Dich um Dein Taktgefühl
Wo Stress regiert, ist Einschlafen und Durchschlafen ein ferner Traum und auch alle anderen Regelkreisläufe fahren im Ausnahmezustand. Und um ehrlich zu sein, hier gebe ich wenig auf "mach die eine Atemübung" oder "halte tagsüber kurz inne, um *füge hier beliebige Achtsamkeitsübung ein.
Wenn Stress den Alltag kapert, dann braucht es meist strukturell massive Änderungen, um aus der Spirale wieder rauszukommen. Warum? Weil wir uns ganz schnell an den neuen Stresslevel gewöhnen und ihn für normal halten. Weil wir viel zu schnell vergessen, wie gut wir uns wirklich fühlen können. Und weil wir allzu oft wie der berühmte Frosch im langsam aufkochenden Wasser sind. Wir merken es nicht - oder wollen es nicht wahrhaben - bis wir mit den Auswirkungen konfrontiert werden.
Abgesehen davon, dass chronischer Stress unseren circadianen Rhythmus in Richtung "Nachteule" durch erhöhte Cortisolwerte am Abend verschiebt, macht er noch so viel mehr mit unserem System und wirft uns aus unserer natürlichen Bahn. Wir sind prinzipiell ja für Stress gemacht - für kurzfristigen, auch für Leistung, sogar Höchstleistung. Doch danach heißt es, Rückkehr zum Urzustand, der Entspannung. Ist dieses Zurückfallen, Zurücklehnen in den Teil des Nervensystems, der dafür sorgt, (Parasympathikus) gestört, dann braucht es meist mehr als die besagte Atemübung zwischendurch. Und ich will dieselbe nicht schlechtreden, sie wirkt. Ich liebe Atem- und Entspannungstechniken und habe sie über viele Jahre hinweg auch unterrichtet, doch wenn wir in den restlichen Minuten des Tages alles auf Krawall bürsten, ist es alleinig einfach nicht der richtige Ansatz. Der Vollständigkeit halber möchte ich auch hinzufügen, dass wir hier nicht nur auf unseren unmittelbaren Bereich der Selbstverantwortung schauen dürfen, sondern auch auf systemische, strukturelle Problemfelder, mit denen gerade Frauen ganz besonders konfrontiert sind (Mehrfachbelastungen, fehlende Unterstützung, "mental load" etc.). Und die auf ganz anderer Ebene gelöst werden müssten. Doch bevor ich auf die Seifenbox steige, zurück zum eigentlichen Thema.
Du kannst ja mal schätzen, wieviel Prozent des Tages Du auf Hochtouren fährst - körperlich, gedanklich, emotional,...
Der Weg zurück ins Rhythmusglück
Du merkst schon, wie sich ein Thema in das andere verwebt, wie eine ungünstige Gewohnheit die nächste mit sich bringt. Doch genau das kann auch ein Riesenvorteil sein, wenn wir beginnen uns unserer Natur wieder anzunähern. Wir müssen nur an einer Stelle mal den Fuß in die Tür bekommen.
Der Weg vom selbst diagnostizierten Uhu zu einem Menschen, der den Tagesanbruch in voller Kraft und Klarheit erlebt, ist das Freilegen natürlicher Rhythmen, die unter X Schichten moderner Gewohnheiten und Überzeugungen begraben liegen.
Und letztendlich liegt diese Re-Evolution in seiner Einfachheit: Unsere Körper will genau dorthin zurück und wird Dich dankbar mit "good vibes" auf dem Weg belohnen, meist sogar unmittelbar.
Wie und wo das am allerbesten geht, wie Du das mit einer vielfach bewährten Methode machen kannst, zeige ich Dir in Feuer&Nektar. Es ist ein Onlineprogramm, in dem meine Jahrzehntelange Erfahrung steckt, als auch jene, von denen ich lernen durfte und natürlich die, meiner Teilnehmerinnen.
Es darf nämlich auch leicht gehen. Willenskraft und frische Motivation trägt uns einige Zeit, doch dann müssen andere Mechanismen greifen, die das Dranbleiben erhalten und wahre Veränderung ermöglichen.
In Feuer&Nektar begleite ich Dich Schritt für Schritt auf diesem Weg. Kraft, Energie & pure Lebensfreude sind dann die logische Konsequenz.
Und dort geht es nicht nur um die Rhythmik, sondern um so viel mehr; es geht ganz generell um den Aufbau eines Lebens, das zu uns passt. Weil kein Nahrungsergänzungsmittel, kein Longevity-Trend, kein Wellness-Wochenende uns so sehr stärken und uns in unsere Mitte bringen können, wie all das, das Offensichtliche, das Einfache, die Natur in uns.
Alles Liebe und Danke fürs Lesen! Ulli
Quellen
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Jones SE, Lane JM, Wood AR, et al. "Genome-wide association analyses of chronotype in 697,828 individuals provides insights into circadian rhythms." Nat Commun. 2019 Jan 29;10(1):343. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30696823/
Chang AM, Aeschbach D, Duffy JF, Czeisler CA. Evening use of light-emitting eReaders negatively affects sleep, circadian timing, and next-morning alertness. Proc Natl Acad Sci U S A. 2015;112(4):1232-1237.
Czeisler CA. Perspective: casting light on sleep deficiency. Nature. 2013;497(7450):S13. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23698501/
Moser M. Vom richtigen Umgang mit der Zeit: Die heilende Kraft der Chronobiologie. Kremayr & Scheriau, 2018.
Wright KP Jr, McHill AW, Birks BR, Griffin BR, Rusterholz T, Chinoy ED. "Entrainment of the human circadian clock to the natural light-dark cycle." Curr Biol. 2013 Aug 5;23(15):1554-8 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23910656/
Stothard ER, McHill AW, Depner CM, Birks BR, Moehlman TM, Ritchie HK, Guzzetti JR, Chinoy ED, LeBourgeois MK, Axelsson J, Wright KP Jr. "Circadian Entrainment to the Natural Light-Dark Cycle Across Seasons and the Weekend." Curr Biol. 2017 Feb 20;27(4):508-513. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28162893/
Silvani MI, Werder R, Perret C. The influence of blue light on sleep, performance and wellbeing in young adults: A systematic review. Front Physiol. 2022 Aug 16;13:943108.
Haghayegh S, Khoshnevis S, Smolensky MH, Diller KR, Castriotta RJ. Before-bedtime passive body heating by warm shower or bath to improve sleep: A systematic review and meta-analysis. Sleep Med Rev. 2019;46:124-135.
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